Amsterdam-Marathon: aus der Sicht von Erich Pult

Erich Pult, hier auf einem Archivfoto auf fb
Erich Pult, hier auf einem Archivfoto auf fb

Erich Pult wird seit längerer Zeit vom team2012.at betreut und trainiert nach einem individuellen Trainingsplan ("VIP-Betreuung"). Er freute sich letzten Sonntag über eine Marathonzeit von 3:09 in Amsterdam (mit schnellerer zweiten Hälfte) und hat uns einen feinen Bericht geschickt:

 

"Der Marathon am Sonntag hat richtig Spaß gemacht (auch wenn das auf den meisten Bildern zu meinem eigenen Erstaunen ganz anders aussieht). Im altehrwürdigen Olympiastadion von Amsterdam als Hobbyläufer starten zu dürfen hatte schon was. Noch dazu verstehen es die Holländer wirklich schon vorab Party zu machen und Stimmung rein zu bringen.

 

Auch wenn es in der "Früh" doch ein bisschen windig und etwas frisch war kam da richtig Vorfreude auf und man scharrte förmlich vor Ungeduld in den Startlöchern. Wir waren, weil wir ja Anfang des Jahres voller Optimismus bei der Anmeldung hofften die 3 Stunden knacken zu können, im falschen Startblock eingeordnet und starteten in der Gruppe der Athleten mit eben einer geplanten Endzeit von 3:00. Kurz überlegten wir uns zurückstufen zu lassen um nicht Gefahr zu laufen zu schnell zu starten, aber entschieden uns dann doch in diesem Startblock zu bleiben, aber dort dann ganz hinten zu starten um uns selbst das lästige Überholen in der Startphase zu sparen und dennoch niemanden im Weg zu sein.

 

Als dann bei strahlendem Sonnenschein der Startschuss fiel ging es auch schon los. Und obwohl wir in einem eigentlich zu schnellen Block eingeteilt waren, war der erste Kilometer auch aufgrund der Enge der Laufbahn und dem Weg aus dem Stadion raus langsamer als geplant. Überholt wurden wir aber interessanterweise auch auf den folgenden km kaum. Wir versuchten uns so auf einen 4:30er Schnitt einzupendeln, auch wenn der eine oder andere km dabei vielleicht etwas schneller war. Alles in allem war es ein sehr angenehmes Laufen. Da es angesichts der Sonne doch noch nach einem recht warmen Tag roch hab ich die Labestationen doch von km 5 an in Anspruch genommen. Jeweils ein Schluck Iso und Wasser um einen einfachen Durchlauf des selbigen etwas zu unterbinden. Leider bekam mein Freund gleich wie in Innsbruck schon früh Probleme dran zu bleiben. Da ich nicht glaube, dass es mit seiner Laufform zu tun hat (er spult wesentlich mehr km als ich und hat im HM auch die etwas bessere PB stehen) vermute ich mal, dass es einfach Nervosität oder ein schlechter Tag war. So versuchte ich Ihm einen brauchbaren Pacemaker zu bieten und hab auch das eine oder andere mal ein bisschen raus genommen und ihn zu "ziehen".

Die Zwischenzeiten von Erichs Amsterdam-Marathon.
Die Zwischenzeiten von Erichs Amsterdam-Marathon.

Er lief da eigentlich fast permanent ein paar Meter hinter mir. Trotz meines regelmäßigen Zurückschauens hab ich Ihn dann so kurz nach km 16 verloren. Zunächst noch etwas im Zwiespalt, ob ich noch mehr raus nehmen und versuchen sollte ihn wieder aufzugabeln oder weiter zu machen, entschied ich mich dann für Zweiteres. Vor allem deshalb, weil ich Ihn nicht einmal mehr sehen konnte und nicht wusste ober er ausgestiegen, aufs WC gegangen oder doch nur langsamer geworden ist. Das war dann im Kopf zunächst moralisch nicht ganz easy, aber ich hab dann versucht meinen Rhythmus zu finden.

 

Zu diesem Zeitpunkt war mir anhand der Durchgangszeiten der einzelnen km schon bewusst, dass das ganze ca. 1 1/2 Minuten gekostet hat und ich eigentlich deutlich hinter dem Zeitplan lag. Trotzdem wollte ich nicht mit der Brechstange den Rückstand einholen und hab wie gesagt ein für mich angenehmes Tempo zu finden.

 

Die Tatsache, dass ich dennoch immer wieder den einen oder anderen stehen lassen konnte gab mir ein gutes Gefühl - der Rhythmus passte. Dass ich bei der Durchgangszeit vom HM nur um die 45sek hinter der 3:10 war fand ich fast erstaunlich. Der befürchtete Wind hielt sich auch recht vornehm zurück und die Temperaturen waren zu diesem Zeitpunkt ideal zum Laufen. Bei km 25 herum zwang ich mich dann zum ersten Gel und versuchte auch meinen Trinkrhythmus beizubehalten. Das Ganze war dieses mal sogar schon wirkliches Trinken und kein Waterboarding mehr. Zu diesem Zeitpunkt fühlte ich mich recht gut, außer dass sich gewisse Bedürfnisse einstellten. Zumindest meldete sich da was. Da ich aber wusste, dass ich noch ordentlich hinter dem Zeitplan liege und ein Austritt und sei es nur für kleine Jungs mich zurückwerfen würde bei der Jagd auf die 3:10 versuchte ich es zu ignorieren und redete meinen Körper ein, dass er sich jetzt einfach gedulden müsse. Überraschenderweise hatte es funktioniert und alles kam wieder in einen Normalzustand.

 

Auf die Uhr schaute ich da schon lange nicht mehr - vielleicht aus Angst vor dem was Sie mir anzeigen könnte. Da kamen mir dann eben die Zeilen von Martin (Anm: Martin "Hamza" Mistelbauer, der in Berlin 2:25 mit einer ähnlichen Taktik gelaufen ist) in den Sinn und ich dachte dann auch bei mir - was stresst du dich so, ob du jetzt auf die Uhr siehst oder nicht ändert jetzt genau nichts - du bist hier, es ist ein genial schöner Tag, die Leute an der Strecke machen tolle Stimmung, die DJs legen richtig gute Muke auf - du hast das Vergnügen, den Luxus, das Privileg, dass du überhaupt Laufen kannst - Schluss jetzt mit dem "geplanten" Rennen nach Sekunden - jetzt kommt der Teil in dem du es einfach laufen lassen kannst - spür dich und los geht's. 

 

Und es rollte dahin - kein Blick auf die Uhr, kein Stress um Sekunden, einfach genießen. Und dank deiner Vorbereitung konnte ich das auch. Ich hatte keine Ahnung ob ich gut auf dem Weg war, ob ich eine Chance hab das gesteckte Ziel zu erreichen oder nicht . Es machte einfach Spaß und die Tatsache, dass ich permanent und immer mehr Leute überholen konnte gab mir die Gewissheit, dass ich wohl nicht ganz langsam unterwegs sein konnte. Zwar hatte ich immer gaaaaanz leicht die Handbremse drinnen, weil ich nicht vom Mann mit dem Hammer erwischt werden wollte, aber der blieb da wohl irgendwo im Liegestuhl und genoss ebenfalls die Sonne und die Stimmung. Bei km 40 dann wurde die Handbremse auch noch gelöst, egal wie, diese 2km komm ich immer irgendwie ins Ziel und wenn ich robben muss. Und so gab es nochmal einen schönen "Zielsprint" (zumindest für meine Verhältnisse) - ab ins Olympiastadion, mitten in die Party rein - um die Kurve, das Ziel vor Augen um zu sehen dass da gerade mal die 3:10 der Bruttozeit angerissen war - also nochmal das letzte aus den Beinen rausgequetscht und mit einem richtig geilen Gefühl über die Ziellinie mit dem Gefühl, dass es sich mit der Nettozeit wohl gut ausgegangen sein dürfte.

 

Mein 6ter und bisher geilster Marathon :) (Hm, Nomen est Omen)"