Das Thema "Sport" im aktuellen Regierungsprogramm 2020 - 2024

 

(Beitrag wird noch überarbeitet, entstand zack-zack-zack und enthält sicher noch viele Fehler)

 

Nun liegt es also vor, das Regierungsprogramm der (vermutlich) neuen Regierung.

 

 

Und siehe da: zum Thema Sport finden sich tatsächlich 6 Seiten. Das sind ziemlich genau gleich viele Quadratzentimeter wie bei der letzten Regierung. Über den Inhalt sagt das natürlich nichts aus.

 

 

Der „Standard“ hat mal eine kurze Einschätzung versucht, aber ich hab noch nichts gefunden, was etwas in die Tiefe geht und nicht parteipolitisch motiviert ist.

 

 

Was steht nun tatsächlich drinnen, wie kann man das aus unabhängiger Position heraus beurteilen? (Anm: ich lege großen Wert auf meine parteipolitische Unabhängigkeit und bin auch von keinem Verband, Medium oder was auch immer, abhängig)

 

 

Zuerst vorweg ein paar wesentliche Anmerkungen:

 

Ich habe als Trainer im Spitzen- und Hobbysport nun über 20 Sportminister „überlebt“ und verfolge die Szene seit langer Zeit sehr genau. Ein Sportminister muss nicht sportlich ausschauen.  Nachteil wäre es allerdings keiner, wenn es um Glaubwürdigkeit geht. Der Sportminister, der in den letzten 40 Jahren wohl das größte (und wirkungsvollste) Engagement für den Sport gezeigt hat, war nach Einschätzung vieler Insider Fred Sinowatz, und der sah auch nicht gerade sportlich aus. Die Partei, die den Amtsvorgänger des mutmaßlichen neuen Sportministers Werner Kogler stellte (ja, Strache war tatsächlich Sportminister) , braucht am wenigsten zu meckern. Der neue Sportminister ist zumindest nicht suchtkrank und er war in der Jugendzeit ein ganz passabler Kicker. Sein Amtsvorgänger kann als Berührungspunkt zum Sport in den letzten Jahren bestenfalls vorweisen, dass er vor ein paar Jahren seine Ex-Freundin zu einem Hobbytriathlon begleitet hatte…

 

 

Einen grünen Sportminister gab es also noch nie in Österreich und das eröffnet neue Chancen und Risken. Die große Chance ist gegeben, dass jemand ohne Verbindungen in die verkrusteten Strukturen hinein weniger Rücksicht bei den dringend notwendigen Reformen nehmen muss und dass bestimmte Dinge, die „halt schon immer so waren“ endlich hinterfragt und verbessert werden. Das Risiko ist allerdings, wenn Kogler auf die falschen Berater setzt, wird er sehr wahrscheinlich von den meist machtbesessenen Beharrern und Bremsern ausgebremst werden. Es ist ja auch kein Zufall, dass z.B. jeder Versuch eines Ministers, die anachronistische, ineffiziente und teure Dachverbandsstruktur aufzubrechen, dazu geführt hat, dass der Minister nicht mehr lange im Amt war. De fakto waren auch die letzten Sportminister unterwürfige Ausführungsorgane von Funktionären wie Peter Schröcksnadel und Co – im Kooperation mit Krone und ORF. Gegen dieses Machtkartell war noch jede Regierung chancenlos. Ob da ausgerechnet die Grünen die notwendige Machtbasis finden werden, wird sich zeigen.

 

 

Regierungsprogramm hin oder her, Papier ist geduldig, an den Taten wollen wir sie messen. Eine Pauschalrechtfertigung  wie „100 Tage Schonfrist“ ist jedenfalls unangemessen. Die Zeit drängt, jetzt sind Reformen und Taten gefragt und nicht Arbeitsgruppen und viele Konjunktive.

 

 

Das was die FPÖ-Sportsprecherin via APA-Aussendung verbreitet hat, ist jedenfalls eher unsachlich und schönfärberisch, was die eigenen (FPÖ-) Aktivitäten im Sportbereich anbelangt. Petra Steger, die als Ex-Leistungssportlerin die Strukturen gut kennt, bleibt die Erklärung schuldig, in welchem Bereich der FP-Sportminister denn so ruhmreich aufgetreten ist. In Erinnerung bleibt jedenfalls, wie er bei der Kletter-WM in Innsbruck gnadenlos ausgepfiffen wurde (und deshalb später kaum mehr Sportveranstaltungen besuchte) und v.a. weil die wirkungsvollste Änderung eine gnadenlose parteipolitische Umfärbeaktion in vielen sportlichen Gremien war, wie es Österreich noch nie erlebt hatte – und das heißt wirklich viel. Blau statt Qualifikation/Erfahrung war das Hauptaugenmerk dabei, politische Wendehälse und Opportunisten besonders bevorzugt. Den Schaden wird der Sport in Österreich noch länger ausbaden müssen. Werner Kogler „… keine Erfahrung und Expertise…“ vorzuwerfen (im Gegensatz zu Strache???), ist schon ziemlich absurd.

 

 

In dieser Hinsicht kann es unter Grün eigentlich nur besser werden, die Latte liegt ohnehin nicht hoch. Im letzten VP/FP-Regierungsprogramm standen im Sportprogramm schon viele sehr vernünftige Dinge drinnen (die Einschätzung von damals gibt’s hier zum Nachlesen), umgesetzt wurde davon aber praktisch gar nichts.

 

 

Aber schauen wir uns das aktuelle Regierungsprogramm nun Punkt für Punkt an, was da zum Thema „Sport“ steht. Bei manchen Passagen hat man schon den Eindruck, dass das ein grüner Praktikant auf die Schnelle in einer Mittagspause zusammengeschrieben hat. Da und dort scheinbar ein paar wichtige Begriffe wie „Genderaspekte, Integration, Inklusion und Gleichberechtigung“ eingestreut und voilá, fertig ist das Sportprogramm.

 

 

Eines vorweg: wenn man das ganze „Sportprogramm“ Punkt für Punkt durcharbeitet, stellt man fest, dass es immer wieder Wiederholungen, Widersprüche und auch gesetzlich geregelte Bestimmungen gibt, die von den Programmschreibern ignoriert werden oder deren man sich nicht bewusst war. Die Zusammenstellung macht auch den Eindruck, dass die zuerst die VP-Seite einen Entwurf geschrieben hat, wo dann im Anschluss die Grünen-Seite einzelne Punkte (eher zufällig) eingestreut oder beim jeweiligen Kapitel einfach hinten angehängt hätte. Der Zeitdruck dürfte jedenfalls hoch gewesen sein, manche Ausführungen konnte ich nur humorvoll und/oder mit etwas Zynismus zur Kenntnis nehmen…

 

Kapitel: „Sport“

 

 

Es beginnt eher allgemein, wie wichtig Sport für die Gesellschaft ist. Etwas beruhigt nehme ich zur Kenntnis, dass die Förderung des Spitzensports (mehr dazu später) gleich explizit angeführt ist. Natürlich ist der Sport ein wirkungsvolles Mittel zur Integration und Inklusion, dazu bedarf es keines Regierungsprogramms, das ist ohnehin gelebte Realität und das funktioniert im Sport auch ganz selbstverständlich wie in keinem anderen Lebensbereich.

 

 

Sport als Lebensschule, ja eh, auch das ist kein „Programm“, sondern eine Feststellung. Na bravo, der Kampf gegen Doping kommt gleich prominent vor, da hat Österreich ohnehin gewaltigen Nachholbedarf, wenn wir an Staatsdopingfälle mit Regierungsbeteiligung (Stichwort: Humanplasma) zurückdenken. Der Kampf gegen Machtmissbrauch (im Sport fast so schlimm wie in der katholischen Kirche), Rassismus und Homophobie sollte längst eine Selbstverständlichkeit sein – und das nicht nur in Absichtserklärungen.

 

 

Der ganze nächste Absatz (wie viele Menschen Mitgliedern in Sportvereinen sind) ist auch wieder eher eine Feststellung als Programm. Oha, „Sorge tragen“ (viel weniger konkret geht’s nimmer), dass u.a. eine „langfristig ausgerichtete Strategie zur Sportförderung und ein österreichweites Sportstättenkonzept…“ entwickelt wird – daran wird seit mehreren Jahrzehnten (angeblich) gearbeitet, dass jetzt „unter dem Aspekt der Ökologie“ dabei steht, ist logisch und auch gut! Dann schauen wir mal, ob das bei der Förderung der Sportarten tatsächlich ein Kriterium ist, da gehört dann wirklich Mut dazu!

 

 

Kapitel: Struktur- und Organisationsentwicklung im österreichischen Sport

 

 

„One-Stop-Shop“ – das hatten wir auch schon, geht aber völlig an der Realität vorbei. Mit jeder „Reform“ und „Vereinfachung“ wurde die Sache komplizierter und teurer, lediglich in der Verwaltung wurden teure Versorgungsjobs zu Lasten des Sports geschaffen. Vereinheitlichung der Förderrichtlinien? In Österreich? Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr…

 

 

„Professionalisierung des Fachverbandswesens“. Ja, das wäre mehr als überfällig. Auch das Selbstverständnis der Verbände, dass sie eine Serviceeinrichtung für die Sportler sein sollten und sich nicht bloß selbstverwalten unter möglichst großer Machtausweitung. Durch Kooperationen und Synergien ließe sich viel (Steuer-) Geld einsparen und die Qualität der Arbeit steigern. Es ist nicht einzusehen, dass die Fachverbände auf Landes- und Bundesebene mit parallel existierenden Strukturen (inkl. Büro-Infrastruktur, etc.) viel Potential liegenlassen. Wenn Verbände nicht sinnvoll kooperieren, sollten sie auch weniger aus öffentlichen Mitteln gefördert werden, das ist man dem Steuerzahler schuldig.

 

 

Spannender Punkt im nächsten Absatz: „… Leistungsvereinbarungen  durch mehrjährige Förderungen …“, aber hoppala, wie soll das die BSO (die jetzt „Sport Austria“ heißt) bewerkstelligen, wo ja keine Experten für die Sportarten sitzen? Und jetzt natürlich wieder „Gendergerechtigkeit, … Nachhaltigkeit, Digitalisierung (?)…“

 

 

„Aufwertung und Absicherung des Ehrenamtes“ – das klingt ein bisserl wie: „wir wollen schon den Sport fördern, aber kosten darf es eigentlich nix, wir verleihen aber für ehrenamtliches Engagement eh vielleicht einen Preis, das sollte dann reichen“

 

Professionalität in Kombination mit Ehrenamt: so funktioniert der Sport in Österreich schon lange und wenn man die letzten Engagierten nicht vergrämt, wird das auch so bleiben.

 

 

„Prüfung der Möglichkeit steuerlicher Erleichterungen“… Die sollen nicht prüfen, sondern tun! Wenn wir die Kirchensteuer (sorry, Beitrag für Religionsgemeinschaften)  von der Steuer fürs Seelenheil absetzen können, warum nicht diesen Betrag wahlweise alternativ nützen für die Mitgliedsgebühr für Sportvereine fürs körperlich/geistige Wohl? Damit würde man einen sinnvollen Multiplikatoreffekt bewirken und DAS wäre mal eine effiziente Sportförderung (stand schon 2013 in meinem Buch „Sportland Österreich“)

 

 

„Neuaufstellung der begleitenden Service- und Dienstleistungsangebote des Bundes….“  - Das klingt ja nach Revolution! Das IMSB heißt übrigens schon länger nimmer so, sondern „Leistungssport Austria“ (blau eingefärbt), das hätten die Schreiber des aktuellen Regierungsprogramms eigentlich wissen müssen. Ja, das wäre tatsächlich schön, aber wenn man z.B. den jahrzehntelangen Krieg zwischen IMSB und ÖISM kennt und dass die Sportuniversitäten kaum irgendwelche Kooperationen mit Sportverbänden haben, dann ist das so realistisch und zeitnah wie die Besiedlung de Planeten Mars. In anderen Ländern ist das längst selbstverständlich (u.a. in Norwegen, aber auch in Deutschland), aber da ist der Sport auch nicht so parteipolitisch verfilzt wie in Österreich.

 

 

„Berufssportgesetz“ – ja, das lese ich auch schon lange und von mehreren Sportministern. Also machen.

 

 

„Sicherung der medialen Aufmerksamkeit für österreichischen Sport in seiner Breite und Vielfalt“. Hm, will jetzt die Regierung den Medien vorschreiben, was diese zu berichten haben? Oder sollen wieder nur jene Medien großzügig mit Inseraten gefüttert werden, die regierungsfreundlich schreiben auch im Bereich „Sport“?

 

 

„Green Sport stärken“ – schönes Wort. Also z.B. Schigroßveranstaltungen nur mehr fördern, wenn die Schneekanonen mit Ökostrom betrieben werden? Und alle Zuschauer zum Formel 1 Rennen in Spielberg mit dem Fahrrad anreisen?

 

 

„Ausbau der Transparenz bei Beiräten und Gremien“ – das sollte selbstverständlich sein und nicht nur dort, sondern es sollte endlich auch die Transparenzdatenbank für öffentliche Sportförderungen kommen, die schon im Bundessport-Förderungsgesetz 2013 enthalten war  - und dann mit der Novelle 2017 gestrichen wurde…

 

 

„Erweiterung der Budgetmittel für verbandsunabhängige Vereine, …“ Aufpassen, hier könnte man die Büchse der Pandora öffnen. Zudem wird der Kuchen insgesamt sicher nicht größer, also bedeutet das im Umkehrschluss: weniger Geld für die Verbände und im Sport organisierte Vereine. Bitte überdenken. Der Subventionsdschungel würde noch undurchsichtiger werden.

 

 

 

„Ergänzung des jährlichen Sportberichts an den Nationalrat durch einen Teil zur Sportförderung“  Das sollte eigentlich im Zuge einer verstärkten Transparenz fast überflüssig sein. Außerdem: wie sollen „normale“ Nationalratsabgeordnete die Sinnhaftigkeit von Sportfördermitteln beurteilen können?

 

 

„Kampf gegen Doping“- Also die Informationsprogramme gibt es eigentlich, auch für den Breitensport.

 

 

„Die Auszahlung von Sportfördermitteln an glaubwürdige Anti-Doping-Maßnahmen…. Koppeln“. Ja, bravo, und wer beurteilt diese „Glaubwürdigkeit“??? Wenn die Verbandsvertreter sagen: „Doping ist bäh!“ und dann werden gedopte Leistungen hochgejubelt? Dass die Grünen noch schnell eine Klammer mit „Gleichstellung, Integration, Kampf gegen Rassismus im Sport (ohne Leerzeichen…)“ einfügen mussten, ist klar.

 

"Stärkung der NADA sowie Novellierung des Anti-Doping-Bundesgesetzes" Ja, dann darf die NADA aber nicht nur Dienst nach Vorschrift machen, sondern muss sich mit Herzblut für den Kampf für den sauberen Sport und den Schutz der sauberen Sportler engagieren! Zur Novellierung des Gesetzes: seltsamer Vorschlag, wenn mit keinem Buchstaben erwähnt wird, in welche Richtung eine Novellierung gehen soll. Wenn dann Österreich nicht mehr nur in der 2. Liga der Dopingbekämpfung in Europa mitspielt, soll es mir recht sein!

"Keine Subventionen für Breitensportveranstaltungen ohne klare Antidoping-Regelungen" - was soll das bitte? Welche Breitensportveranstaltungen werden öffentlich subventioniert und welche unterliegen aufgrund einer Verbands-Mitgliedschaft nicht ohnehin den klar defnierten Antidoping-Bestimmungen? (ok, vielleicht die "Ironman-"Triathlonbewerbe)

 

 

 

 

Kapitel: Optimale Spitzensportlaufbahnen

 

Da hab ich selbst überlegen müssen: „was meinen die und was hat das in einem Regierungsprogramm zu suchen?“

 

 

„Evaluierung…“ jo eh, das steht eigentlich sowieso im Gesetz.

 

 

„Schulversuche…“ wird schön langsam fad.

 

 

„Weiterentwicklung der Angebote …. Sowie ausgebildete Trainer (Anm: ich verzichte aufs Gendern) beim öffentlichen Dienst“ – das klingt allerdings spannend und gabs noch nie. Den Trainer-Beamten quasi? Wäre mal eine sinnvolle Sportförderung mit Multiplikatoreffekt. Insofern spannend, weil es z.B in Wien nicht einmal teilfinanzierte Landestrainer gibt.

 

 

„Systematisierte Abstimmung zwischen den Erfolgsfaktoren….“ Was die Regierung alles bewerkstelligen will! Die Gründen dürften in der Hitze des Gefechts übersehen haben, dass die Einbindung des Sports (der Sportler) beim Bundesheer nicht ganz unproblematisch (und auch wieder vor allem: ineffizient) ist. Und beim Begriff „Olympiazentrum“ bitte nicht vergessen, dass das in Österreich nichts anderes als ein Türpickerl ist, dass vom ÖOC feudalherrenmäßig an brav huldigende Unterstützer und Freunde vergeben wird.

 

 

„Verbesserung der Auslastung … von Infrastruktur“ Ja, das ist überfällig und der Kampf um die Nutzung von Schulsportanlagen in den Ferien ist peinlich und Geldvernichtung – seit vielen Jahren.

 

 

„… Firmenparkplätze … zur sportlichen Nutzung“. Aha. Für Skateboarder oder E-Bike-Rennen ohne Sieger?

 

 

Kapitel „Sportgroßveranstaltungen

 

 

Also das ganze Kapitel kann man nur zusammenfassen als „grenzenlos naiv“. Die Autoren dieses Programmteils dürften keine Ahnung haben, wie internationale Großsportveranstaltungen vergeben werden.

 

 

Der letzte Punkt „Einrichtung einer Taskforce… mit allen Stakeholdern…zur Sicherheit…“ hat mich immerhin schmunzeln lassen.

 

 

Hat das irgendjemand mit Sportbezug vor Veröffentlichung gelesen???

 

 

Kapitel: „Breitensport/Vereins- und Freizeitsport“

 

 

Die Überschrift ist schon mal seltsam. Und gleich der erste Punkt: „die tägliche Bewegungseinheit….“ Ned schon wieder! Bitte endlich einsehen, dass dafür mehr als doppelt so viel Turnsäle, Turnlehrer (welche anderen Unterrichtsgegenstände sollen im Gegenzug eingespart werden?) und Geld notwendig wäre, was alles nicht da ist. Dazu bringt die amtliche verordnete Zwangs-Bewegungseinheit gar nichts. Besser in die Ausbildung (und Auswahl!) der Turnlehrer investieren, die Qualität ist viel wichtiger, die Anzahl der Stunden sagt gar nichts aus. Zudem wird damit dem Leistungssport (den wollte man doch auch fördern, oder?) die letzte Basis entzogen, in der Praxis entpuppt sich der Schulsport (in Kombination mit der Ganztagsschule) immer mehr als Sargnagel des Leistungssports.

 

Und die Schulärzte sollen die Eignung für „Wettkampfsport“ feststellen. Bitte nicht…

 

 

Die „Gratis-Schwimmkurse für alle“ sind ein besonderes highlight. Da bräuchten wir ungefähr dreimal so viele Hallenbäder wie es derzeit gibt, dazu auch qualifizierte Schwimmlehrer. Ein Wunsch wie ewig währendes Schönwetter in Kombination mit einem Solosechser bei der nächsten Lottoziehung.

 

 

Und bei den verpflichtenden Sporttagen muss also eine Woche dem Wintersport gewidmet sein. Ob die Grünen damit den Klimawandel aufhalten können? Und wie ökologisch wertvoll soll die Anreise aus dem Osten in die Wintersportorte (mit Öko-Schneekanonen beschneit?) denn sein? Hier haben wohl die Tourismusverantwortlichen (und der ÖSV?) reingepfuscht, die eine höhere Auslastung in der Zwischensaison herbeisehnen. Sportliche Aspekte können jedenfalls keine Rolle gespielt haben beim versuchten Zwangs-Revival der Schulschikurse.

 

 

„Konzept der Förderung der Bewegung am Arbeitsplatz“ – na ehrlich, das schreibt ihr in ein Regierungspgrogramm?  Dieser Bereich ist längst von Privaten abgdeckt.

 

 

„E-Sport: Errichtung einer Arbeitsgruppe….“ Sicher nicht aus der „Tagespresse“?

 

 

„Trendsportarten fördern“ – ich kann nimmer.

 

 

„Forcierung der Eigenverantwortung…“ – wir schaffen ein Eigenverantwortungsübernahmegesetz oder was soll das?

 

 

Kapitel: „Sportstätteninfrastruktur

 

Ja, der gute alte Sportstätten-Masterplan. Seit Jahrzehnten ein schönen Schlagwort. Also freuen wir uns auf das größte Wunder seit Lazarus.

 

 

„Evaluierung, Stärkung und Ausbau des „Zentrenansatzes“… das hatten wir schon weiter oben.

 

 

Und die Großereignisse kommen hier auch wieder. Bitte nächstes Mal besser koordinieren! „Regierungsleitprojekte“ klingt jedenfalls cool. Vor allem im Zusammenhang mit Großereignissen. Hoppala, hier kommt das „multifunktionale Nationalstadion“. Man wird ja träumen dürfen und die ca. 800 Mio (Beispiel Budapest) werden unter Grün viel einfacher aufzutreiben sein als unter Blau...

 

 

„Sportstätten…. unter Berücksichtigung bestehender Geoinformationssysteme…“ ehrlich, habt ihr gehofft, das liest eh keiner?

 

 

Kapitel: Gleichstellung im Sport

 

 

Eh klar, Frauenanteil erhöhen durch Quoten. Sicher eine Qualitätsverbesserung. Brauchen wir nur noch die freiwilligen Frauen finden, die sich ein (Ehrn-) Amt im Sportfunktionärsbereich antun wollen. Auch in den Gremien, die über die Sportförderung entscheiden? Was hat das mit dem Geschlecht zu tun?

 

 

„Verpflichtende Gleichbehandlungsbeauftragte in allen Verbänden“ – na logisch. Bringt ja auch sehr viel, wie man beim ÖSV gesehen hat.

 

 

„… Prävention von Machtmissbrauch… im Bereich Trainerausbildung“ – das ist natürlich nicht lustig, sondern dringend notwendig.

 

 

„Gleiche Gehälter , Prämien und Preisgelder bei gleicher Leistung für Frauen und Männer“ – aja, das will also die Regierung allen privaten Sportveranstaltern vorschreiben. Und auch privaten Sponsoren gleich die Zweckwidmung vorschreiben? Faktum ist, das die Diskriminierung der Frauen in keinem Lebensbereich so ausgeprägt ist wie im Sport. Aber mit solchen Regierungswünschen an den Osterhasen wird’s nicht getan sein.

 

 

Übrigens: als Konsequenz müsste Wien eigentlich die Förderung des Mädchensports reduzieren. Derzeit ist es so (seit einer glorreichen Idee eines noch glorreicheren Ex-Sportstadtrates), dass alle weiblichen Nachwuchssportler (bis U 18) für einen Wiener Landesmeistertitel (egal in welcher Sportart) € 110.- Prämie bekommen, während Burschen nur € 90.- bekommen. Also bei Gleichberechtigung bedeutet das….

 

 

„Nachhaltige Verankerung der Förderung des Mädchen- und Frauensports….“ Das steht eigentlich sowieso im Gesetz, bitte nachschauen.

 

 

Kapitel: „Inklusion und Integration durch Sport“

 

 

„Klärung der Förderung im Bereich des Behindertensports“ – was ist bitte ungeklärt? Das wünscht sich die Regierung, dass sie sich selbst auskennt?

 

 

Ja, wie schon weiter oben steht: Sport ist unheimlich wichtig für die Integration und Inklusion und das funktioniert auch ohne staatliche Einflussnahme eigentlich sehr gut.

 

 

Jetzt kommt das schon wieder mit der „medialen Berichterstattung“ – bitte das eigene Programm lesen.

 

 

Und natürlich: „ein Netzwerk an Integrationspromotoren“ (sic!) brauchen wir. Ein schöner grüner Schlusssatz.

 

 

Eine weitere Interpretation folgt. Fest steht aber auch: man sollte sich nicht auf den neuen (mutmaßlichen) Sportminister einschießen, wenn man das auf parteipolitischer Ebene macht. Denn nach wie vor hat keine einzige politische Partei in Österreich ein schlüssiges Konzept für den Gesundheits-, Hobby- und Spitzensport.

 

 

Im Regierungsprogramm findet sich – das macht schon fast Angst - kein einziges Wort darüber, dass man den parteipolitischen Einfluss auf den Sport zurückdrängen möchte, der das Grundübel im österreichischen Sport darstellt. Unser Sportfördersystem ist das ineffizienteste und komplizierteste der Welt. Es gibt viel zu viele parallel existierende Förderschienen auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene. In keinem Land der Welt ist das Verhältnis zwischen den Summen, die "oben ins System reingeschüttet werden" und den Summen "die unten beim Sportler ankommen" so schlecht wie in Österreich.

 

Ganz wesentlicher Punkt: mit keinem Wort wird erwähnt, welche wesentlichen Ziele man im Bereich Sport erreichen will.

Wie wärs mit:

  • Anteil der Menschen anheben, die regelmäßig Sport betreiben, v.a. als aktive Gesundheitsvorsorgemaßnahme in jedem Lebensabschnitt 
  • Mehr Bewegung und Sport v.a. für Kinder (Anteil der aktiven Kinder heben), weniger Übergewicht und Bewegungsmangel schon in jungen Jahren. Wie können wir jungen Menschen zum Sport bringen?
  • Spitzensport mit Vorbildwirkung unter Beachtung der Einheit von Spitzen- und Hobbysport (inkl. Gesundheitssport) - beide bedingen einander. Dies muss auch im Bereich der öffentlichen Sportförderung sichtbar werden. Nur "Gender-, Integrations- und Inklusionsaspekte" sind notwendige, aber keinesfalls hinreichende Kriterien für die Sinnhaftigkeit einer Förderung des Sports aus öffentlichen Mitteln. Wie wärs mit einem "Leistungsaspekt" (der Begriff "Leistung" kommt im Sportprogramm praktisch gar nicht vor! Bei der Spitzensportförderung hätte ich mir von Grün schon mehr Mut erwartet, vieles zu hinterfragen. Ist z.B. eine Olympiamedaille im Segeln oder Diskuswurf gesellschaftlich so wertvoll, dass man dafür wahnsinnig viel Geld ausgibt, das z.B. im Bereich der Nachwuchstrainer und für langfristige Aufbauarbeit fehlt? Wird deshalb Österreich sportlicher, bzw. ein Sportland?
  • Sport ist ein wesentlicher Eckpfeiler eines grundsätzlich sehr positiven Lebensentwurfes. Wie können wir den gesellschaftlichen Stellenwert anheben?
  • Bekämpfung von Korruption und Freunderlwirtschaft im Sport, wo z.B. der Rechnungshof oft eine "weitgehende Identität von Fördergeber, Kontrollor und Fördermittelempfänger" festgestellt hat - ohne Konsequenzen!
  • etc. (Punkte folgen)

 

Es findet sich auch kein Wort zur verfassungsmäßig festgelegten Autonomie der Länder im Bereich Sport und auch die gesetzlich verankerte Autonomie des Sports wird vielfach ignoriert. Viele erwähnten Bereiche sind gar nicht Sache des Bundes, d.h. die Regierung darf höchstens Wünsche an die Länder formulieren. So wie viele „Programmpunkte“ höchstes vage Wünsche mit viel Blendwirkung darstellen.

 

Und was meinen die anderen?

Der "KRONE" und seinem kettenrauchenden mit dem ÖSV verhaberten Sportchef ist mal nicht viel eingefallen.

"HEUTE", na ja.

"orf.at", ein bisserl.

"Die Presse" - ein bisserl mehr (Anm: die FP-Sportsprecherin heißt allerdings wie der Papa "Steger" und nicht "Stöger")

Der "Kurier" - 2 Sätze.

Die "Kleine Zeitung" - eine kleine Zusammenfassung/Analyse, die nicht gerade euphorisch ausfällt.

 

 

Wilhelm Lilge, letztes update: 6.1.2020